Text publiziert im Ausstellungskatalog zur Ausstellung «Real Estate» des Kunstvereins Solothurn im Kunstmuseum Solothurn (5. April bis 1. Juni 2008)
Wer um alles in der Welt ist Mark Roberts? Dieser Name ist Martin Guldimann als Absender von SPAM-Mails sozusaen ungefragt
zugeflogen. In de Bildergalerien des World Wide Web hat er versucht, der IdentitŠt seines unerwŸnschten Brieffreundes auf die Spur
zu kommen. Ist es der Mann mit dem Schnauz oder der Schwarze im dunklen Anzug, der Grauhaarige mit der blauen Krawatte oder
der Blondierte? Die Bildersammlung zeigt 120 verschiedene MŠnner. DurchschnittsmŠnner, so zumindest die Annahme. Denn tatsŠchlich
kann man wegen der schlechten Bildauflšsung kaum mehr als grobe Typenschemen erkennen, erst recht nicht, wenn man die Prints fŸr
die Installation vergršssert. Die Konfrontation mit den unscharfen Visagen ist nicht angenehm. Der Umstand, dass sie sich unserem
visuellen Zugriff so penetrant entziehen, ist irritierend. Wir sehen keine Menschen und schon gar keine vollwertigen Individuen,
sondern Gesichter, die undurchdringlich, die Masken bleiben.
Fragen nach dem Individuum, nach AnonymitŠt und Masse sind fŸr Martin Guldimanns gesamten Werkprozess zentral. In der
Schutz- und Ortlosigkeit des Internet lŠsst der KŸnstler das Individuum mitsamt seinen speziellen AnsprŸchen auf Einmaligkeit
und †berdurchschnittlichkeit mit gnadenloser Konsequenz scheitern: Martin Guldimann macht Mark Roberts zum zentralen
Protagonisten seiner Installation. Zu einem Protagonisten, dem er Ð scheint es Ð bloss deshalb eine Plattform gibt, um uns die
UnzulŠnglichkeit einer Existenz vorzufŸhren, die sich blutleer nur im Digitalen entfaltet.
Claudia Spinelli
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